Sportsucht

Was heisst eine gesunde Beziehung zu Bewegung?

Du hast eine gesunde Beziehung zum Sport, wenn du:

  • auch mal ohne Training auskommst – ohne schlechtes Gewissen

  • trainierst, weil es dir guttut – nicht aus Zwang

  • genug isst – unabhängig vom Sport

  • den Sport wählst, der dir Freude macht – nicht den mit dem höchsten Kalorienverbrauch

  • Pausen zulässt – und sie nicht bereust

  • dein soziales Leben nicht dem Training unterordnest

Diese Liste ist nicht vollständig. Vielleicht hast du eigene Gedanken dazu. Wichtig ist: Bewegung soll deinem Körper guttun – nicht ihm schaden.

Sport ist doch gesund  - oder?

Sport tut gut – das hören wir überall. Und ja: Regelmässige Bewegung stärkt Herz, Kreislauf und Immunsystem. Zwei- bis dreimal pro Woche 30–60 Minuten – das empfehlen Fachleute.

Doch was, wenn jemand jeden Tag vor dem Frühstück 20 Kilometer läuft – einfach, um sich gut zu fühlen? Ist das noch normal?

Wenn exzessives Training ohne sportliche Ziele oder Wettkämpfe betrieben wird, kann eine sogenannte Sportsucht oder Fitnesssucht dahinterstecken – eine psychische Erkrankung, die ernst genommen werden muss.

Wie kann Sport süchtig machen?

Lange galt das Runner’s High – die Ausschüttung von Glückshormonen bei starker körperlicher Belastung – als Erklärung für Sportsucht. Doch wissenschaftlich belegt ist dieser Zusammenhang nicht eindeutig.

Heute vermuten Fachleute: Sport wird oft genutzt, um dem Alltag zu entkommen. Während des Trainings zählen nur Körper und Leistung – Stress, Druck und Sorgen rücken in den Hintergrund.

Dieses gute Gefühl möchte man immer wieder erleben – und so entsteht ein Muster, das in ein suchtähnliches Verhalten kippen kann.

Sportsucht und Anorexie oft eng miteinander verbunden

Menschen mit Essstörungen nutzen Sport häufig als Kompensationsstrategie: Die wenigen Kalorien, die aufgenommen werden, sollen durch exzessives Training wieder verbrannt werden – das Gewicht sinkt weiter, was bei Anorexie oft bewusst angestrebt wird. Auch bei Bulimie kann Sport eine Rolle im Kreislauf aus Kontrolle und Kompensation spielen.

Sportsucht und Essstörungen hängen deshalb oft eng zusammen – nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.

Hinzu kommt: Viele sportlich aktive Menschen ernähren sich sehr selektiv – viel Eiweiss, kaum Kohlenhydrate, streng getaktete Mahlzeiten. Was nach disziplinierter Fitnessroutine aussieht, kann auch der Beginn einer Essstörung sein – und sollte aufmerksam beobachtet werden.

Wer ist gefährdet, Anorexia athletica zu entwickeln?

Besonders gefährdet sind Menschen, die Sportarten ausüben, bei denen ein niedriges Körpergewicht oder eine bestimmte Körperform als Leistungsfaktor gilt. Dazu gehören unter anderem:

  • Gymnastik

  • Eiskunstlauf

  • Laufen

  • Schwimmen und Tauchen

  • Ballett und Tanz

  • Rudern

  • Reiten

  • Ringen und Boxen

  • Radsport

Auch persönliche Faktoren wie genetische Veranlagung, Perfektionismus oder ein starkes Kontrollbedürfnis können das Risiko erhöhen.

Die genauen Ursachen von Anorexia athletica sind jedoch noch nicht vollständig erforscht – hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

Was tun bei Sportsucht?

Wenn Sport zur Belastung wird, schauen Sie nicht weg. Nehmen Sie sich und Ihren Körper ernst – und erlauben Sie sich, Hilfe anzunehmen.

Der erste Schritt ist, ehrlich zu sich selbst zu sein: Komme ich allein noch weiter? Wenn nicht, sind Sie nicht allein. Unsere Fachberaterin nimmt sich Zeit, gemeinsam mit Ihnen hinzuschauen und neue Wege zu finden – damit Bewegung wieder guttut.

Wir sind für Sie da:
beratung@aes.ch

Bin ich gefährdet, sportsüchtig zu werden?

Wenn du mehrere der folgenden Aussagen bejahst, könnte ein Risiko für Sportsucht bestehen. Die Sätze stammen aus dem Exercise Addiction Inventory, einem international verwendeten Screening-Instrument:

  • Training ist das Wichtigste in meinem Leben.

  • Ich nutze Sport, um meine Stimmung zu verändern (z. B. um Stress abzubauen).

  • Ich habe mein Trainingspensum im Laufe der Zeit gesteigert.

  • Mein Trainingsverhalten hat bereits zu Konflikten mit Familie oder Freunden geführt.

  • Wenn ich ein Training ausfallen lasse, fühle ich mich unruhig oder gereizt.

  • Wenn ich mein Training einmal reduziere, lande ich bald wieder beim alten Pensum.

Wenn du dich in mehreren dieser Aussagen wiedererkennst, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Unsere Fachberaterin unterstützt dich dabei – vertraulich und kostenlos. beratung@aes.ch


Selbsttest: Bin ich sportsüchtig?

Der Test (in Englisch) basiert auf dem Exercise Addiction Inventory (EAI) – einem international anerkannten Screening-Instrument zur Früherkennung von Sportsucht.

Er wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Mark Griffiths, einem der weltweit führenden Experten für Verhaltenssüchte an der Nottingham Trent University (UK), entwickelt.

Die aktuelle Version für Jugendliche (EAI-Y) wurde kürzlich validiert und im Journal of Behavioral Addictions veröffentlicht.


Schönheitsdruck bei jungen Männern, Brigitte 6/2025
„Meinen Sohn bekomme ich kaum noch zu Gesicht – er ist nur noch in der Muckibude“, erzählt eine Mutter. Was harmlos klingt, kann ernst werden, wenn sich alles nur noch um Muskeln, Körperbild und Selbstoptimierung dreht.

Podcast ‘Sportsucht kann im schlimmsten Fall zu Suizid führen’, Radio 3fach 4/2020 – mit AES-Fachberaterin Sarah Stidwill
Sport ist gesund – doch auch Sport kann zur Sucht werden. Oft geht sie mit Essstörungen einher. In dieser Radiosendung sprechen Fachpersonen über Warnzeichen, Risiken und Wege aus der Abhängigkeit.

'Das Paradoxe war, dass ich gerne ass', Basler Zeitung 9/2018
Lukas berichtet offen über seinen Weg in die Essstörung – und darüber, wie ihm die AES auf dem Weg zurück ins Leben geholfen hat.

Relatives Energiedefizit – ein Syndrom mit vielen Facetten, Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 3/2019
Zu wenig Energiezufuhr bei Sportlerinnen kann gravierende Folgen haben – von Zyklusstörungen bis Osteoporose. Das sogenannte «female athlete triad» ist nur eine mögliche Ausprägung unter vielen.

Magersüchtige Sportler, SRF, Puls 3/2015

 

LIGHT | Essstörung in der Kletterszene

In ihrem eindrücklichen Dokumentarfilm Light bricht Caroline Treadway das Schweigen über ein Tabuthema: Essstörungen im Leistungsklettern. Im Zentrum steht die Szene in Boulder, Colorado – eine Hochburg des Klettersports. Bekannte Athlet:innen wie Angie Payne, Emily Harrington, Andrea Szekely und Kai Lightner berichten offen über Leistungsdruck, Übertraining, mentalen Stress und Essverhalten, das sie krank machte.
Die Doku zeigt: Essstörungen betreffen auch den Klettersport – Frauen wie Männer. Der Film regt zum Nachdenken an und gibt Betroffenen eine Stimme.

Body-Tuning: Die Risiken von Anabolika
Was nach harmloser Körperoptimierung aussieht, kann schwerwiegende Folgen haben: Der Informationsflyer der ZüFAM (Zürcher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamenten-Missbrauchs) klärt über gesundheitliche Risiken beim Konsum von Anabolika im Bodybuilding und Body-Tuning auf.

Stay natural - Substanzen im Body-Tuning kritisch hinterfragt
Ein durchtrainierter Körper gilt oft als schön und erstrebenswert – und Sport sowie ausgewogene Ernährung sind dafür eine gesunde Basis. Doch auf dem Weg zum vermeintlich „idealen Körper“ lockt eine Vielzahl von Mitteln, die schnelle Erfolge versprechen.

Der Flyer der Suchtpräventionsstelle der Stadt Zürich hilft, den Überblick zu behalten, informiert über Risiken von leistungssteigernden Substanzen und stärkt dich in der Entscheidung für einen natürlichen Weg.